Geschichte der Großen Synagoge
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts ist die Anzahl der jüdischen Bevölkerung Pilsens, die sich hier nach deren Ausweisung nach 1504 erneut niederlassen durfte, stark gestiegen. Im Jahr 1854 lebten in Pilsen 249, im Jahr 1870 bereits 1207 Juden.
Es ist zwar nicht genau bekannt, wann der Bau der dritten neuzeitigen Synagoge das erste Mal in Betracht gezogen wurde, aber bereits im Jahr 1874 wurde zu diesem Zweck von der hiesigen jüdischen Gemeinde ein Grundstück mit einem Gasthaus und einem Stall für 60 Pferde in der Pilsner Vorstadt gekauft. Obwohl sich die jüdische Gemeinde verpflichtet hatte, auf diesem Grundstück innerhalb von zwei Jahren ein zweistöckiges Gebäude zu errichten, hat sie in den folgenden Jahren mit dem Baubeginn gezögert und die Stadt mehrmals um eine Fristverlängerung ersucht.
Eine Wende trat am 40. Jubiläumstag der Thronbesteigung von Kaiser Franz Josef I. (2.12.1888) ein, an dem der Grundstein einer neuen Synagoge nach dem Plan des Wiener Architekten Max Fleischer gelegt wurde. Zwei Monate später wurden die Vertreter der jüdischen Gemeinde gezwungen festzustellen, dass die geplanten Baukosten die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinde übertroffen hatten. Im August 1889 ließen sie dann von den ursprünglichen Plänen und einer weiteren Zusammenarbeit mit dem Architekten Fleischer gänzlich ab. In den weiteren Monaten ließ die Gemeinde einige Variantenskizzen mit folgenden Voraussetzungen erstellen: Die Synagoge soll 1200 Sitzplätze haben und die Gesamtkosten inkl. Mobiliar haben 200 000 Gulden zu betragen. Laut Gutachten von Sachverständigen und nachdem Emanuel Klotz auf das Honorar für die Erstellung der Baupläne, falls er mit der Bauausführung beauftragt würde, verzichtet hatte, wurde dieser bekannte Pilsner Bauherr und Besitzer der Ziegelwerke zum Planer der größten Synagoge in der Tschechischen Republik sowie der zweitgrößten in Europa.
Im November desselben Jahres wurden die neuen Baupläne genehmigt, Anfang März 1891 wurde mit dem Bau begonnen und im August 1893 wurde er fertiggestellt.
Dem in der Kuppel and der Spitze des nördlichen Synagogenturmes verwahrten Gedenkschein entnimmt man, dass die Gesamtbaukosten 141 092,06 Gulden betragen haben und zur Beschaffung weiterer Finanzmittel die jüdische Gemeinde einen Kredit in der Höhe von 100 000 Gulden mit einer Rückzahlungsfrist von 33 1/2 Jahren und Zinsen in der Höhe von 4% vereinbart hat.
Die Synagoge wurde am Donnerstag, dem 7.9.1893 feierlich eröffnet, so dass sie bereits am jüdischen Neujahrstag 5654, der am Sonntagabend begonnen hat, benutzt werden konnte.
Über die neu erbaute Synagoge konnten sich die Pilsner Juden jedoch nicht sehr lange freuen. Im Januar 1942 wurden von den Nazis 2605 Juden aus Pilsen mit drei Transporten nach Theresienstadt deportiert. Vor der Zerstörung hat die Große Synagoge wohl ihre Lage zwischen zwei Häusern und die Tatsache gerettet, dass sie als Verkaufslager von Möbeln deportierter Juden diente und später zu einer Arbeitswerkstatt wurde, in der Uniformen für deutsche Soldaten genäht worden sind.
An die Kämpfe um die Befreiung der Stadt zu Kriegsende erinnern die noch heute sichtbaren Einschusslöcher an den Zehn-Gebote-Tafeln an der Spitze der Synagogenfront.
Nach Kriegsende wurde die Synagoge der jüdischen Religionsgemeinschaft zurückgegeben, die jedoch nach den Kriegsleiden ziemlich dezimiert war. Aus den Konzentrationslagern sind nur 204 Juden nach Pilsen zurückgekehrt. Die Juden, die den Holocaust überlebt haben, sind oft nach Israel oder in die USA ausgewandert.
Nur durch ein Wunder hat die Synagoge auch die Zeit der kommunistischen Willkür überstanden und ist nicht zu einem Stadtbad oder einer Markthalle umgebaut worden. Nach und nach hat sich aber ihr bereits kläglicher Zustand verschlechtert und sie wurde ihrem Schicksal überlassen.
Die Bemühungen der jüdischen Gemeinde um die Rettung dieses Denkmals haben in den Jahren 1994-1998, wo sie zum Teil saniert wurde, ihren Höhenpunkt erreicht. An der Wiedereröffnung der Synagoge anlässlich des jüdischen Feiertages Tu Bischwat (11.2.1998) nahmen führende Stadt- und Staatsvertreter teil.
Zurzeit dient die Synagoge ihrem ursprünglichen Zweck, gleichzeitig wird sie als Ausstellungs-und Konzertsaal genutzt. Die Bemühungen der jüdischen Gemeinde um die Fertigstellung der Sanierung werden kontinuierlich fortgesetzt.